Ist sie so etwas wie die ältere Schwester von
Simone de Beauvoir und Alice Schwarzer? Ihr bekanntestes Werk „Wie die
Frau den Mann erlebt“ erregt jedenfalls einiges Aufsehen. Sofie
Lazarsfeld widerspricht darin der geläufigen Überzeugung, die klassische
Rollenverteilung sei naturgegeben. Sie zeigt, wie sehr sozio-kulturelle
Umstände und ihr Einfluss auf die individuelle Lebensgestaltung von
Frauen und Männern das herrschende Geschlechterverhältnis begründen und
zementieren. Als ihr Buch 1931 erscheint, hat Sofie Lazarsfeld bereits
einige Jahre als Beraterin und Publizistin gearbeitet; seit 1926 bietet
sie individualpsychologische Eheberatung an, befasst sich vorwiegend mit
Erziehungs-, Ehe- und Sexualproblemen.
Als Kind jüdischstämmiger Eltern war sie Ende der 90er Jahre nach Wien
gekommen, hatte dort den Rechtsanwalt Robert Lazarsfeld geheiratet.
Beeinflusst vom Zeitgeist des Wiener fin de siècle findet sie ihre
geistige Heimat in der sozialistischen Bewegung. Nach dem ersten
Weltkrieg engagiert sie sich mit ihrem Sohn Paul in der sozialistischen
Kinderfreundebewegung, die stark von der zeitgenössischen
Reformpädagogik geprägt ist. In den wissenschaftlichen Erkenntnissen der
Individualpsychologie, vor allem in der Theorie des Gemeinschaftsgefühls
findet die Kinderbewegung ihren psychologisch-pädagogischen Unterbau.
1920 schließt sie sich dem Kreis um Alfred Adler an und wird zu einer
seiner treusten und engagiertesten Wegbegleiterinnen. Mit zahlreichen
Vorträgen und Publikationen trägt sie bei zur Verbreitung und
Weiterentwicklung der Individualpsychologie in Europa. So geht etwa der
Begriff „Mut zur Unvollkommenheit“, wie er heute im
individual-psychologischen Kontext verwendet wird, auf Sofie Lazarsfeld
zurück. 1932 organisiert sie die erste individualpsychologische
Sommerschule. Unter dem Druck des Naziregimes geht sie 1938 nach Paris,
emigriert nach dem Tod ihres Mannes 1941 in die Vereinigten Staaten.
Ihre individualpsychologische und schriftstellerische Tätigkeit setzt
sie fort und engagiert sich bis zu ihrem Tod an der Alfred-Adler- School
of Individualpsychologie.
(erschienen 2008) |
Autorin: |
|
Regula Hagenhoff
Dipl. Logopädin,
Individualpsychologische
Beraterin und Sozialtherapeutin
Leiterin des Adler Dreikurs Institutes
|
 |
|