Aktuelles zur Individualpsychologie
Man kann sich trotz schwieriger Zeiten freuen!
Die globalen Ereignisse und Entwicklungen der letzten Jahre bis zur Gegenwart wie Corona, Klimawandel, Ukraine-Krieg und die damit verbundenen Befürchtungen sind per se kein Anlass zur Freude. Wenn diese belastende Stimmung nun vorherrscht und darauf der Schwerpunkt unserer Aufmerksamkeit liegt, besteht die Gefahr, dass wir damit dauerhaft unser Wohlbefinden beeinträchtigen, Lebensfreude reduzieren und damit auch unsere Leistungsfähigkeit. Wie finden wir unsere individuell richtige Balance und wie kann es uns gelingen, uns trotzdem an schönen Momenten und Dingen, die ja unbestritten existieren, zu erfreuen? Widmen wir doch ein paar Gedanken dem positiven Gefühl der Freude, das dazu beitragen kann.
Nichts geling gut, was man es nicht mit Freude vollbringt (Thomas von Aquin)
Dass Freude im Leben wichtig und von Nutzen ist, zeigen ein Sätze wie: Das positive Gefühl der Freude ist ansteckend. Freude ist sogar ein „Energiespender“, der uns Kraft und Schwung, gibt weiter zu machen. Im freudigen Lebensgefühl ist man gesund. Freude gibt uns auch Mut. Man sagt „Ja“ zum Dasein mit all seinen Bedingungen. Wer freudig ist hat Vertrauen zu sich selbst und zur Welt und Frieden geschlossen (Josef Rattner). Freude und Heiterkeit als Antithese zu den Aspekten der Angst.
Zunächst ist interessant zu verstehen, wie Freude zustande kommt, was Freude auslöst, ob man Freude beeinflussen kann. Das ist natürlich bei jedem Menschen unterschiedlich, doch grundsätzlich ist Freude genauso ein Gefühl wie z.B. Angst, Ärger, Liebe, Glück. Dabei ist Freude nicht zu verwechseln mit Spaß; sie ist ein tiefer gehendes und umfänglicheres Gefühl.
Aktuelle Situationen, eine Nachricht, die Handlung eines Mitmenschen oder einen anderen Impuls, nehmen wir mit unseren Sinnesorganen wahr. Dadurch ausgelöst läuft im Gehirn in Bruchteilen einer Sekunde eine Bewertung und Einschätzung ab. Dies erfolgt bei jedem Mensch individuell unterschiedlich entsprechend seinen Erfahrungen und Vorerlebnissen (seinem Lebensstil). Wenn ein Ereignis als angenehm empfunden wird, werden andere Gene aktiviert und andere chemische Botenstoffe und Hormone produziert, also Gefühle erzeugt, als wenn es als unangenehm oder sogar bedrohlich bewertet wird. Als Ergebnis nehmen wir entsprechende Körperreaktionen wie Wärme, Entspannung oder auch Verkrampfung, Verspannungen wahr, die uns letztendlich zu entsprechenden Handlungen bewegen. Unsere Gene stehen in permanentem Kontakt zur Umwelt, um die Körperreaktionen anpassen zu können. Unser Gehirn macht also aus einem psychischen einen biologischen Vorgang. Dieser Prozess ist der Gefühlsentstehung ist tiefenpsychologisch und auch neurologisch erwiesen. Joachim Bauer beschreibt dies in seinem Buch „Das Gedächtnis des Körpers“ und auch die Epigenetik (Genetik und Epigenese) beschäftigt sich mit der Entwicklung eines Lebewesens und der Frage, welche Umwelteinflüsse Gene aktivieren oder deaktivieren.
Eine bedrohliche Nachricht oder Situation löst Gefühle wie z. B. Stress oder Angst aus, während eine schöne eher mit Wohlgefühl, Zufriedenheit, Zuneigung und auch Freude einher gehen kann. Beides geschieht permanent um uns herum und in uns. Deren Wahrnehmung und Bewertung bestimmen unsere Gefühlswelt. Sie stehen vor der Chemie, die uns dann z.B. die „Freude macht“.
Eine interessante Übung dazu ist, sich in Ruhe an positive und negative Ereignisse oder Erlebnisse zu erinnern und dabei wahrzunehmen, wie sie sich in uns anfühlen.
Viele Menschen beklagen die „schlechten oder schweren Zeiten“ und tendieren dazu, sich damit abzufinden. Ja, es ist nicht einfach bei der Flut von Nachrichten und Negativmeldungen über die Medien, Internet, Social Media, von denen man manchmal nicht weiß, ob sie alle wahr sind, einen kühlen Kopf zu bewahren und nicht in Untergangsstimmung zu geraten.
Doch wer diesen Prozess der Gefühlsentstehung in sich wirken lässt und akzeptiert, dem bieten sich Möglichkeiten aktiv zu gestalten. Es ist auch hilfreich zu überlegen, wer oder was einen womöglich hindert oder beeinträchtigt, erfolgreich daran zu arbeiten? Was hat die Vergangenheit mit der momentanen Einstellung dazu zu tun? Hier liegt der Schlüssel zur individuellen Weiterentwicklung und hier beginnt die Suche und die Reise zur inneren Freude. Es ist also möglich und sinnvoll, sich nicht von Gefühlen und Stimmungen unkontrolliert und unbewusst leiten zu lassen, sondern sie sich, wie oben beschrieben, bewusst zu machen. Wir sind also den Umständen um uns herum nicht ausgeliefert. Das verschafft auch Entlastung. Wie jemand leben will und worauf er seinen Fokus legt, hat einen großen Einfluss auf seine Gefühlswelt. Es ist einfach schön, sich über etwas freuen zu können, Situationen und Impulse wahrzunehmen und zuzulassen, die Anlass zur Freude geben.
Aus der Pflege glücklicher Gedanken und Gewohnheiten entsteht auch ein glückliches Leben (Norman Vincent Peale, Pastor USA)
„Die Freiheit, mich über Dinge zu freuen, kann mir keiner nehmen!“
Dazu bieten sich spontan zahlreiche konkrete Möglichkeiten an:
- Den Fokus (Augen und Geist) auch auf die „schönen“ Dinge und Momente richten: Glück, Erfolg, Ermutigung,
Positive Rückmeldung tun immer gut.
- Sich weder von negativen noch von positiven Impulsen „einlullen“ lassen.
- Freudige Erinnerungen und Gedanken pflegen (keine Flucht!).
- Das Umfeld mit einbeziehen, jemandem eine Freude machen und einen Beitrag leisten. Denn geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude.
- Unter die Leute gehen, neben der Familie, auch Freunde, Kollegen und sein Netzwerk pflegen, Veranstaltungen besuchen - trotz Homeoffice und Metaverse.
- Sich Hobbies suchen bzw. Sie pflegen, Dinge tun, die einem Spaß machen.
- Sich auch mal der Muße und dem Genuss hingeben.
Weiteren Ideen sind keine Grenzen gesetzt. Jeder kann seinen Fokus und sein Thema finden.
Natürlich ist unserem Menschenleben ein völliges Freisein von Frucht und Sorge nicht gegeben. Freud und Leid gehören zusammen. Es ist also wichtig, dass wir uns vor negativen Ereignissen nicht verschließen oder wegsehen, genauso wie wir auch positive Einflüsse wahrnehmen und wirken lassen. Freud und Leid müssen in einer gesunden Balance zueinander stehen. Freude soll kein Alibi sein, sie soll nicht glorifizieren, betäuben oder eine Flucht vor realen, unangenehmen Situationen und Umständen sein. Sie kann jedoch als Regulativ gegenüber einer übergewichteten Welt von Negativschlagzeilen dienen. Beide Gefühlsrichtungen gehören zum Leben, man kann aber seinen Fokus justieren und ausbalancieren.
Letztendlich bringt uns jedoch nur die tiefere Beschäftigung mit unserem Leben und unseren Zielen nachhaltig weiter.
Letztendlich bringt uns jedoch nur die tiefere Beschäftigung mit unserem Leben und unseren Zielen nachhaltig weiter.
Bleiben Sie dran mit viel Erfolg und Freude.
(Autor: Wolfgang Bäuml)
Erschienen am 18.4.2023
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